Freitag, Dezember 31, 2010

 

Ein Musterschüler wird Mitglied im Euro-Klub

Estland wird Mitglied im Euro-Klub - ARD

Zuwachs inmitten der bisher schwersten Krise: Estland führt zum Jahreswechsel als 17. Land den Euro ein. Das neue Klubmitglied ist ein echter Musterschüler, mit geringen Schulden und einem niedrigen Defizit - und ist als Vertrauensbeweis für die kriselnde Währung willkommen.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Eine Euro-Dekoration in einem Schaufenster in Parnu (Foto: dpa)Großansicht des BildesVorfreude bei Geschäftsleuten: Eine Euro-Dekoration in einem Schaufenster in ParnuSo manch einer läutet dem Euro schon die Sterbeglocke, da bekommt die Euro-Familie ein neues Mitglied. Wenn die knapp anderthalb Millionen Esten im neuen Jahr ihre Krone gegen den Euro eingetauscht haben, dann bezahlen die Bürger von 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung. Für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist das ein sehr willkommenes Zeichen des "Vertrauens in die Zukunft des Euro".

Aber kann der Klub überhaupt Zuwachs vertragen - in einem Moment, in dem mehrere überschuldete Staaten nur durch einen eilig aufgespannten Rettungsschirm vor der Pleite bewahrt werden können? EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sieht in den Esten keine Belastung, sondern eine Bereicherung: "Der Stand der öffentlichen Verschuldung in Estland ist vorbildlich. Die Gesamtverschuldung im Vergleich zur Wirtschaftsleistung beträgt in den EU-Staaten durchschnittlich 75 Prozent, in Estland sind es 7,5 Prozent." Estland ist in diesem Jahr - neben Luxemburg - auch das einzige Land, das die im Stabilitätspakt vorgeschriebene Drei-Prozent-Grenze für das Haushaltsdefizit einhält.

  • Estland führt am 1. Januar 2011 den Euro als neue Landeswährung ein, tagesthemen 23:15 Uhr [Christian Blenker, ARD Stockholm]
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"Die Esten haben faktisch längst den Euro"

Auch der grüne Europaabgeordnete und Finanzexperte Sven Giegold sieht den Beitritt des baltischen Musterschülers als reine Formsache: "Die Esten haben faktisch längst den Euro eingeführt. Wenn sie dort Kredite aufnehmen, tun sie das in der Regel in Euro. Die Währung ist gegenüber dem Euro seit langer Zeit stabil. Deshalb haben die alle Entscheidungen der Europäischen Zentralbank stets nachvollziehen müssen. Die waren faktisch ein Euro-Satellit."

Die Regierung in Tallinn hat jahrelang alles dafür getan, vom Satelliten zum Klubmitglied aufzusteigen. Als die estnische Wirtschaft im Gefolge der Weltfinanzkrise einbrach, widerstand man der Versuchung, die Krone abzuwerten. Stattdessen hieß die Devise: eisern sparen. Die Löhne im öffentlichen Dienst und die Sozialleistungen wurden radikal zusammengestrichen.

Die ehemalige estnische Außenministerin und jetzige Europaabgeordnete Kristiina Ojuland erklärt, warum sich ihr Land den Euro unbedingt haben will: "Wir haben die große Erwartung, dass Investoren angezogen werden, dass sie mehr Vertrauen in ein Land haben, dessen Währung nicht hin- und herschwanken kann."

Hoffnung auf neue Investoren

Der Chef der estnischen Zentralbank, Andres Lipstok, vor der Abbildung einer estnischen Euro-Münze (Foto: dpa)Großansicht des BildesFaktisch schon längst Euro-Land: Der Chef der estnischen Zentralbank, Andres LipstokAußerdem hofft man in Tallinn, dass die niedrigeren Zinsen in der Eurozone einen Investitionsschub auslösen werden. Auch Sven Giegold hält den Beitritt zum Euro-Klub prinzipiell für sinnvoll: "Mit einer kleinen Währung in diesen unsicheren Zeiten im globalen Finanzsystem zu schwimmen, ist eine sehr unangenehme Veranstaltung. Also, eine kleine Währung hat es sehr schwer in diesen Zeiten."

Estland ist nach Slowenien und der Slowakei das dritte Land des ehemaligen Ostblocks, das sich für den Euro qualifizieren konnte. Aber das dürfte nun für viele Jahre auch der letzte Neuzugang gewesen sein. Entweder, weil die Erfüllung der Beitrittsvorausssetzungen in der Wirtschaftskrise in weite Ferne gerückt sind oder weil die Lust auf den Euro abhanden gekommen ist.

Kein weiterer Beitritt absehbar

Im wirtschaftlich am ehesten vorbereiteten Tschechien ist sowohl eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung als auch die Regierung gegen die Währungsunion. Polen ist zwar immer noch entschlossen, aber so Ministerräsident Donald Tusk, man werde sich auf dem Weg zum Euro nicht übereilen. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hält einen Beitritt angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Probleme seines Landes frühestens in zehn Jahren für realistisch. Für Bulgarien und Rumänien ist wahrscheinlich selbst dieser Zeithorizont noch zu optimistisch.

Am meisten Ehrgeiz lassen noch die anderen baltischen Staaten Lettland und Litauen erkennen. Aber auch da gilt 2014 als die frühster denkbarer Termin.

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Donnerstag, Dezember 23, 2010

 

Ein deutscher Plan für die Euro-Rettung?

Ein deutscher Plan für die Euro-Rettung? - ARD


Euro-Symbol vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt (Foto: dapd)Großansicht des BildesNeben der Europäischen Zentralbank könnte nach deutschen Vorstellungen ein neuer Fonds die Gemeinschaftswährung absichern.Deutschland setzt sich als Konsequenz aus der Schuldenkrise mehrerer Euro-Staaten offenbar für eine neue Institution neben der Europäischen Zentralbank (EZB) ein. Die Bundesregierung beschreibe in einem Positionspapier detailliert Strukturen und Regeln eines "Europäischen Stabilitäts- und Wachstums-Investmentfonds", berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Der Fonds soll demnach eigenständig neben der EZB und politisch weitgehend unabhängig die Gemeinschaftswährung absichern.

Hilfen und Disziplinierung

Der Stabilitätsfonds solle Staaten der Euro-Zone "Hilfen in der Not" anbieten und sie zugleich dazu zwingen, nach strengen Regeln zu wirtschaften. Der Fonds müsse grundsätzlich "unbegrenzt refinanzierungsfähig" sein, um die Währung zu sichern. Dafür sollen die einzelnen Euro-Länder anteilig Bürgschaften bereitstellen. Jegliche Hilfen werden dem Konzept zufolge nur unter strengen Bedingungen gewährt. Hoch verschuldete Euro-Länder könnten sich an den Fonds wenden, wenn etwa Goldreserven oder staatliche Unternehmensanteile als Sicherheit stellen könnten.

Dem Bericht zufolge arbeiten neben Deutschland auch Irland, Finnland und die Niederlande an eigenen Rettungskonzepten für den Euro. Diese dienten der Vorbereitung des nächsten Treffens der Euro-Finanzminister Mitte Januar in Brüssel. Der EU-Gipfel hatte vergangenen Woche einen dauerhaften Krisenmechanismus für die Euro-Zone auf den Weg gebracht und Eckpunktebeschlossen. Die meisten Details sollen aber erst in den kommenden Woche festgelegt werden.

Fragen und Antworten

Euro-Münze (Foto: dapd)
Weitere MeldungenDer neue EU-KrisenmechanismusDie EU hat ein neues Verfahren auf den Weg gebracht, um hoch verschuldeten Euro-Ländern künftig zu helfen. tagesschau.debeantwortet die wichtigsten Fragen zum Krisenmechanismus. [mehr]

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Freitag, Dezember 17, 2010

 

Demografische Risiken nehmen bis 2050 dramatisch zu

Die Babyboomer gehen in Rente!

Deutschland, Tschechien, Italien und Österreich werden bis 2050 mit dem stärksten Arbeitskräfterückgang infolge des demografischen Wandels zu kämpfen haben. Zugleich wird die Anzahl der Arbeitskräfte mit Hochschulabschluss bis 2050 in Deutschland, Frankreich und Großbritannien am deutlichsten sinken. Unternehmen sollten daher ihre innerbetriebliche demografische Entwicklung bereits heute analysieren, um erhebliche Personalengpässe langfristig zu vermeiden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine internationale Studie der Unternehmensberatung Towers Watson, die für 15 Länder weltweit die Veränderungen der Altersstrukturen und der Größe des Arbeitnehmerpools bis 2050 prognostiziert.

Aus Sicht von Ratingagenturen muss der Alterung der Gesellschaft mit konzertierten politischen und fiskalischen Reformen begegnet werden. Andernfalls droht ein immenser Druck auf die öffentlichen Finanzen und das Länderrating. Standard & Poor's (S&P) analysiert beispielsweise die Risiken der Bevölkerungsalterung in 32 Staaten. Ohne Reformen würden die gesamten, mit dem Alterungsprozess der Bevölkerung zusammenhängenden öffentlichen Ausgaben bis 2050 von auf 23,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen, schätzt S&P-Analyst Kai Stukenbrock. Bei diesem Szenario würde das Haushaltsdefizit ab Mitte der 2020er Jahre deutlich steigen und bis 2050 rund 12 % des BIP erreichen. Die gesamte Staatsschuld würde dann bei 180 % des BIP liegen.

Grundproblem: Ein höheres Durchschnittsalter bei gleichzeitigem Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung – vor diesen neuen demografischen Herausforderungen werden viele Industriestaaten in den kommenden Jahrzehnten stehen. „Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, Regionen und Berufsfeldern“, weiß Sylvia Branke, Leiterin der Talent-Management-Beratung bei Towers Watson. In Europa sinkt die Anzahl der Erwerbstätigen insgesamt bis 2050 um rund 18 Prozent – stärker als in allen anderen betrachteten Regionen weltweit. Entsprechend der Hochrechnungen steigt hingegen die Arbeitskräftezahl in den USA um 10 Prozent, in Argentinien und Brasilien sogar um 36 bzw. 48 Prozent. Gründe dafür sind die niedrigen Geburtenraten in Europa sowie eine relativ hohe Immigrationsrate in den USA bzw. das starke Bevölkerungswachstum in Lateinamerika.

Im internationalen Vergleich wird deutlich, dass Deutschland besonders stark von der Reduktion des Arbeitskräftepools betroffen ist. So wird hier die Anzahl der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss von 2009 bis 2049 um rund 3,2 Mio. (rund 21 Prozent) sinken. „Verschärft wird der Nachwuchsmangel dadurch, dass das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland bereits heute gut ausgeschöpft ist. Daher besteht nur wenig Spielraum, in wesentlichem Umfang weitere Arbeitskräfte innerhalb der eigenen Bevölkerung zu rekrutieren“, weiß Branke. Ähnlich gravierend zeigt sich die Situation in Großbritannien und Frankreich mit erwarteten 3 Mio. bzw. 2,3 Mio. weniger Arbeitskräften mit Hochschulabschluss in 2049. Argentinien, Brasilien und die USA werden hingegen über deutlich mehr Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt verfügen. Allerdings muss sich erst zeigen, ob beispielsweise in Brasilien die Anzahl der Arbeitskräfte mit Hochschulabschluss proportional zum Bevölkerungswachstum steigt.

Erheblich älter wird die Bevölkerung künftig insbesondere in Deutschland, Italien und der Schweiz. Mit derzeit durchschnittlich 40 Jahren und bis 2049 mit durchschnittlich über 50 Jahren sind diese Landesbevölkerungen deutlich älter als ihre Nachbarn in Europa. Noch dramatischer zeigt sich die Situation in Ländern wie Polen und Tschechien. Sie verzeichnen zusätzlich zur Alterung der Bevölkerung noch eine starke Abwanderung erwerbstätiger Personen ins Ausland. Zum Vergleich: Auch das Durchschnittsalter in den USA und in Lateinamerika wird deutlich ansteigen. Jedoch wird hier die Bevölkerung insgesamt – und damit auch das Erwerbspersonenpotenzial – wachsen.


Unternehmen in Deutschland stehen durch die identifizierten demografischen Risiken vor großen Herausforderungen. Sie müssen in einem künftig durch Knappheit und stärkere Konkurrenz geprägten Arbeitsmarkt Personal rekrutieren. Es wird erheblich schwieriger sein, offene Stellen zu besetzen. Damit steht nicht nur die Weiterführung bestehender Unternehmensstrategien auf dem Spiel. Noch problematischer dürfte es unter diesen Vorzeichen sein, künftig geplante Wachstumsstrategien, die zusätzlichen Personalbedarf nach sich ziehen, umzusetzen. Angesichts dieser Knappheit gilt es, ältere Arbeitnehmer länger an das Unternehmen zu binden. Darüber hinaus werden – angesichts des Ruhestandsbeginns von zahlreichen älteren Arbeitnehmern – auch die Pensionslasten wachsen. Relevant ist diese Entwicklung vor allem im Rahmen der ersten Stufe der Risikoidentifikation im Unternehmen. Diese beginnt mit der Erfassung aller auf die Unternehmensziele wirkenden Risiken und die Entwicklungen eines unternehmensspezifischen Risikobaums. Die Frage nach den Problemen bei der Beschaffung von qualifiziertem Personal ergibt sich primär im Rahmen der Geschäftsrisiken (Corporate Governance).

„Unternehmen ist daher dringend anzuraten, die künftige Entwicklung ihrer Belegschaft in einer Demografieanalyse genau zu erheben“, meint Expertin Branke. Unternehmen sollten sich bereits jetzt die Fragen stellen, wie alt die Belegschaft in 30 oder 50 Jahren durchschnittlich sein wird oder ob Pensionierungswellen anstehen und sich somit bereits jetzt ein erhöhter Rekrutierungs- oder Qualifizierungsbedarf abzeichnet. Branke empfiehlt, dabei sowohl die externe als auch die unternehmensinterne Demografie im Auge zu behalten. „Ein hohes internes Durchschnittsalter in Berufsgruppen mit guter Verfügbarkeit am Markt kann sich beispielsweise als weniger problematisch erweisen als ein hohes Durchschnittsalter in einer Berufsgruppe mit schlechter Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt“, so Branke. Die Ergebnisse einer solchen Demografie-Analyse können z.B. nach Alters- und Qualifikationsgruppen, für Regionen innerhalb von Ländern oder im internationalen Vergleich detailliert aufbereitet werden. Unternehmen erhalten somit eine fundierte Übersicht über die Größe von Arbeitnehmermärkten und hilfreiche Ergebnisse für die weitere Personalplanung.

Auf Basis einer belastbaren Prognose der Belegschafts- und Personalbedarfsentwicklung gilt es dann, die langfristige Personalpolitik zu planen. So lassen sich z.B. über ein langfristiges Workforce-Planning, das Talent Management-Programme sowie eine gezielte Nachwuchsplanung umfasst, eventuelle Rekrutierungsengpässe für qualifizierte Positionen vermindern oder vermeiden. „Vergütung und Nebenleistungen wie die betriebliche Altersversorgung sollten im Hinblick auf Mitarbeiterbindung und -gewinnung überprüft und gegebenenfalls angepasst werden“, ergänzt Dr. Thomas Jasper, Leiter General Consulting bei Towers Watson. Gerade bei der Gestaltung von Pensionsplänen und Lebensarbeitszeitkonten sollten die Bedürfnisse alternder Belegschaften besonders berücksichtigt werden. So kann es gelingen, ältere Arbeitnehmer – beispielsweise mit einem gleitenden Übergang in den Ruhestand – länger arbeitsfähig im Unternehmen zu halten.


Dienstag, Dezember 14, 2010

 

Irische Bank stoppt Bonuszahlungen

Nach Drohung der Regierung stoppt Irische Bank Bonuszahlungen - ARD

Logo der irischen Bank AIB (Foto: REUTERS)Großansicht des BildesAIB verzichtet nun doch auf die umstrittenen Bonuszahlungen.Die irische Regierung hat millionenschwere Bonuszahlungen an Manager der mit Staatshilfe geretteten Allied Irish Bank (AIB) verhindert. Finanzminister Brian Lenihan drohte der Bank in einem Brief mit der Streichung von Staatshilfen, falls die AIB die geplanten Boni in Höhe von 40 Millionen Euro an ihre Manager auszahlen sollte. Dabei spiele es keine Rolle, auf welchen Zeitraum sich die Bonuszahlungen bezögen. Daraufhin sagte die Bank zu, auf die Boni zu verzichten. Für die Umsetzung dieser Entscheidung ist laut AIB allerdings eine Gesetzesänderung notwendig.

Lenihan setzt auf 90-Prozent-Steuer

Bislang hatte das Geldinstitut die Auffassung vertreten, dass es zur Zahlung der Boni für 2008 verpflichtet sei. Als Reaktion darauf hatte Lenihan bereits vorige Woche angekündigt, Bonuszahlungen für Bankmanager künftig mit einer 90-Prozent-Steuer belegen zu wollen. Eine Sprecherin des Finanzministeriums hatte aber klargestellt, dass die Steuer nicht rückwirkend erhoben werden könne.

Der irische Staat hat die AIB mit Hilfen von bislang 3,5 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettet. Sie ist neben der Anglo Irish und der Bank of Ireland eine der größten Banken des Landes. Die Regierung schätzt die Kosten für die Sanierung der Geldhäuser auf insgesamt 50 Milliarden Euro. Das Haushaltsdefizit in Irland wird vor allem wegen der Bankenrettung in diesem Jahr auf 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Die daraus resultierende Schuldenkrise zwang die irische Regierung, Milliardenhilfen des Euro-Rettungsschirms zu beantragen.

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