Montag, Dezember 06, 2010

 

Beratungsfirmen suchen Hunderte von Mitarbeitern

Beratungsfirmen suchen Hunderte von Mitarbeitern - NZZ

Die grossen Consulting-Firmen wollen in der Schweiz bis zu 50 Prozent mehr Berater anheuern. Ein wesentlicher Teil dürfte im Ausland rekrutiert werden.

Markus Städeli

Brillante Studienabgänger werden von den Beratungsunternehmen hofiert wie schon lange nicht mehr: Für die diesjährige «Accenture Night» im Zürcher Kongresshaus hatte das Beratungsunternehmen die Jazzgrösse Herbie Hancock eingeflogen. Für den Anlass waren nicht nur Kunden geladen, sondern auch zahlreiche Studenten. Mit Absicht: Accenture will die Zahl der Berater um die Hälfte aufstocken. «Es ist eine Stresssituation für unsere Organisation, so viele neue Mitarbeiter zu suchen und zu integrieren», gibt Accenture-Chef Thomas Meyer unumwunden zu.

Weil Accenture auch Technologieberatung anbietet, benötigt das Unternehmen besonders viel zusätzliches Personal. Aber auch andere Consulting-Firmen sehen Wachstumschancen und suchen händeringend nach Mitarbeitern, wie eine Umfrage der «NZZ am Sonntag» zeigt.

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Einige Unternehmen würden noch mehr Berater rekrutieren, falls sie an geeignete Personen kommen: «Da wir konsequent am Ausbau unseres Consulting- und Deals-Geschäftes arbeiten, stellen wir auch gerne mehr ein, falls wir gute Leute finden», sagt Markus Bucher, Leiter Beratung bei PwC.

Es gibt mehrere Gründe für den momentanen Boom in der Branche. Sie fallen je nach Positionierung des Unternehmens unterschiedlich aus. Allen zugute kommt die Konjunkturbelebung. «Das Beratungsgeschäft ist ein Frühindikator für die Wirtschaftsentwicklung», sagt Diana Eid, Leiterin Recruiting bei Bain & Company. Man merke sehr schnell, wenn sich die für Unternehmen relevanten Themen und Prioritäten änderten. «Die Kunden investieren wieder. Das sehen wir an unseren gut zweistelligen Wachstumsraten 2010», so Eid.

Bei PwC streicht man vor allem den Banken und Versicherungssektor heraus, wo es neue regulatorische Auflagen umzusetzen gilt. Accenture-Chef Meyer sieht nicht nur einen Rückstau im Systemintegrations-Geschäft. «Es gibt auch einen generellen Trend bei unseren Kunden, den Fixkostenanteil zu minimieren und die Personalspitzen bei der Projektarbeit mit Beratern abzudecken.»

Wegen der wirtschaftlichen Umbrüche lassen einige Unternehmen ihre Strategie von Externen überprüfen: «In unserem Kerngeschäft, der strategischen Beratung für das Topmanagement, steht die Ressourcen-Frage nicht im Vordergrund», sagt Markus Leibundgut, Leiter Recruiting bei McKinsey. Es gehe darum, neue Ideen und Know-how zu generieren. «Dafür gibt es im Moment offenbar ein grosses Bedürfnis.»

Bei der Boston Consulting Group ist man der Ansicht, der Markt wachse unter dem Strich nicht. «Im Moment schrumpft der Beratermarkt, wie wir ihn definieren», sagt Boston-Geschäftsführer Matthias Naumann. Das Wachstum der Grossen gehe auf Kosten der mittelgrossen Firmen, die stark unter Druck stünden. «Ein starker, globaler Brand ist wichtig. Die Firmen sind im Moment nicht zu Experimenten bereit.» Die Globalisierung führe dazu, dass die Erwartungen an eine globale Expertise und Präsenz des Beraters zunehme, beobachtet Naumann.

Die Globalisierung zeigt sich auch bei der Herkunft der Berater selber. Die Firmen sind mehr auf die Rekrutierung im Ausland angewiesen, als ihnen lieb ist: «Wir haben derzeit einen Ausländeranteil von 30%», sagt Meyer. «Das ist für mich die Obergrenze, auch wenn wir damit noch unter dem Anteil von 40% ausländischen Führungskräften bei den Schweizer Unternehmen liegen.» Accenture hat vor zwei Jahren ein «Hub-Konzept» etabliert, das der Firma ermöglicht, auch in Basel, Genf und Bern gezielt Mitarbeiter zu rekrutieren.

Viele Firmen stellen nicht länger nur smarte Hochschulabgänger an. Er glaube schon lange nicht mehr daran, dass es sinnvoll sei, «mit dem Schulbus zum Kunden zu fahren», formuliert es ein Firmenchef plakativ. Roland Berger etwa will die Hälfte der offenen Stellen mit Managern besetzen, die sich in ihrer Industrie bereits bewährt haben.

Die beeindruckenden Rekrutierungsziele werden durch die hohe Fluktuation in der Branche etwas relativiert. Das sogenannte «Up or out»-Prinzip – Berater steigen in der Hierarchie entweder auf oder verlassen das Unternehmen nach wenigen Jahren – führt zu vielen Abgängen. Die Fluktuation dürfte bei 15% liegen.

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